Die Regenschlacht von Türkheim (DM 2014 – Finale)

16.00Uhr soll es losgehen, das gibt noch etwas Zeit, daß ich mich wieder etwas sammeln und konzentrieren kann. Burkhard und Mirco haben das Auto wieder einsatzbereit. Es ist so halb vier rum, als die Wolken nochmal richtig aufgehen. Das ist schon ein richtiger Monsunregen. Ob wir überhaupt fahren können? Das fragt sich die Rennleitung wohl auch und ruft die Sportkommissare zusammen. So etwa viertel vor 4 knackts in den Lautsprechern: „Das Finale wird wie geplant 16.00Uhr gestartet!“ Ein Aufschrei im Fahrerlager! Und als dann die Teilnehmer die letzten Vorbereitungen treffen und die Boxenleute in ihre Regenklamotten steigen legt Freddy per Durchsage nach: „Die Streckenposten nehmen bitte ihre Positionen ein! Streckenposten sind:….“ und dann kommen die Namen. Im Fahrerlager macht sich eine Stimmung aus halb Schadenfreude und halb Mitleid breit: Die müssen sich bei dem Sauwetter ne halbe Stunde auf die Strecke stellen und 10 anderen die Autos auf die Bahn stellen, wenn die rausrodeln. Aber konzentrieren wir uns lieber auf unsern eigenen Kram.

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Ende Gerade vor dem Finale, zum Teil überflutet *)

Der Monsunregen ist mittlerweile zwar schwächer geworden, aber die Folgen sind deutlich zu sehen: Auf der Bahn stehen riesige Pfützen. Ausgang Omega in der Rechts macht einer den Test und stellt den Fuß in die Pfütze: Bis zum Knöchel ist der weg. Rund um die Strecke siehts nicht viel anders aus, der befahrbare Streifen der Bahn ist verdammt schmal. Mit den Gummischiebern zu arbeiten bringt nicht viel, es regnet ja munter weiter.
Vorbereitungszeit beginnt, ich fahr 2 Runden, Auto funktioniert, alles prima, dann wird unten nach ner Auszeit gerufen.
Die wird vom Hartmut Rose beantragt, und was dem passiert gibts auch nicht alle Tage: Die Boxenmannschaft stellt das Auto hin. Gas… aber das Ding bewegt sich nicht. Die Kollegen schrauben an 2-Gang, Freilauf und was weiß ich noch, finden aber nichts. Es kann nicht sein, was nicht sein darf: Auto nochmal hinstellen. GAS… der Motor brüllt, das Auto bewegt sich nicht. Jetzt kontrollieren die Kollegen den kompletten Antriebsstrang. Und stellen fest daß sowohl der vordere als auch der hintere Riemen fehlt! BEIDE gleichzeitig weggeflogen. Das ist nicht zu machen in 5 Minuten, für Hartmut ist das Finale jetzt schon gelaufen. Man ist das bitter.

Als die Auszeit genommen wird komm ich in die Box und laß den Motor abstellen. Es funktioniert ja alles, warum soll ich herumfahren, da kann nur was kaputtgehen. Bei anderen wird noch probiert, korrigiert, umgebaut… es ist gut was los. So 2 Minuten vor Ablauf der Zeit starten wir wieder, ich will noch ein zwei Installation Laps fahren. Aber irgendwas stimmt nicht. Es gibt keinen Funkkontakt zum Auto. Ich lenk ich zieh am Gas, nichts kommt im Auto an. Manchmal ja, aber die Aussetzer überwiegen. Boah was ist DAS denn jetzt??? Noch eine Auszeit gibt es nicht. Mirco macht an der Empfängerbox rum… Strom ist im Auto da, obwohl der Drucktaster ständig die LED-Farbe wechselt… aber das hat nix zu bedeuten. Scheiße was ist das? Ich guck mir nochmal meine Steuerung an… finde aber auch nichts auffälliges. Auf der Strecke läuft die Startprozedur… 10…9…8…Mirco haut von unten gegen die Empfängerbox, schlägt sich fast selbst das Auto aus der Hand. Nichts. Das Kommando „Auto absetzen!“. Mirco wackelst an den Kabeln soweit sie überhaupt erreichbar sind. START!!! Das gibts doch gar nicht, so kann doch kein Finale zu Ende gehen!!! Und nochmal haut Mirco gegen die Empfängerbox. Mal von der Seite mal von unten. DA! Die Servos reagieren! Wir gucken uns an, wissen beide nicht warum das auf einmal funktioniert. Was bleibt weiter übrig… Probieren, mal sehen wie lange das gut geht. Ich hab schon fast drei Runden Rückstand als ich endlich aus der Box starte. Die andern kommen gerade wieder durchs Omega.

5 Autos auf der Suche nach dem Weg um die Pfützen herum.

5 Autos auf der Suche nach dem Weg um die Pfützen herum. *)

So ein Rennen hab ich noch nie erlebt. Die Streckenposten haben gut zu tun, ständig müssen sie Fahrzeuge  aus den Pfützen holen, meist sind die Motoren dann abgesoffen und müssen in den Boxen mühsam wiederbelebt werden. Mirco ist ständig am rufen: Fahr außen! Nicht in die Pfützen rein!… und schlägt sich die Hände vors Gesicht wenn Alex mal wieder nicht auf ihn hört. Immerhin: Alex kommt langsam nach vorn. Nach so 15 Runden ist er schon wieder auf Platz 8.

Die Störungen sind nervig, aber komischerweise passieren sie immer nur an den gleichen 2 Stellen, auf der kurzen Gerade über die Zählschleife, und auf der längeren Geraden danach. Bis auf eine Ausnahme: Da erwische ich die Ausfahrt Omega nicht ordentlich, der Xray verschwindet in der vor dem Rennen vermessenen Pfütze, taucht zwar wieder auf, aber hat keinen Vortrieb mehr und bleibt mitten auf der Strecke stehen. Burkhard ist zuerst unsicher, ob er überhaupt da hin darf, springt dann aber doch über die Boxenmauer und ist mit einem langen Schritt am Auto. Grad als er es hochheben will, kommt irgendein weißes Auto gefahren. Der Fahrer muß wohl gemerkt haben daß da was los ist. Bremst und steht quasi vor Burkhard. Der macht nur ne Handbewegung nach unten… der Fahrer kapiert schnell und fährt Burkhard zwischen den Beinen durch und ist weg. Wie geil, sowas hab ich auch noch nich gesehen. Nu aber den Xray in die Box, Herr Riedel!! Der Motor ist gar nicht aus, nur der Funkkontakt ist wieder weg. Blöderweise schütteln sowohl ich meine Steuerung als auch Mirco das Auto, so wissen wir natürlich nicht warum der Kontakt wieder da ist. Egal. Weiterfahren und beobachten 🙂
Die Störungen bleiben mir erhalten, gerade in der Nähe der Zeitnahme. Ich lenk die 180° links ein, Auto fährt brav um die Kurve. Ich lenk wieder geradeaus weil ich ja überdie Zeitschleife will, Auto fährt die Kurve weiter. Unglücklicherweise steht da so ein kleines Stativ mit einem kleinen Infrarot-Gerät, was der Manfred Schneider für die Zeitnahme da aufgebaut hatte. Sekundenbruchteile später steht das nicht mehr da. Sorry Manfred, war keine Absicht.
Paar Runden später fast das Gleiche: 180° linksrum funktioniert, JETZT funktioniert auch geradeausfahren wieder, aber das Bremsen nicht mehr. Der Xray donnert unter Vollgas frontal gegen das Zeitnahmehäuschen, der Streckenposten springt mal eben beiseite, nimmt es aber zum Glück nicht persönlich und stellt das Auto wieder in die richtige Richtung. Durchgeschüttelt wie das Auto nach dem Einschlag ist, funktioniert auch der Funk wieder. Schon irgendwie irre, was das kleine Ding mitmacht. Zumal mir das in der Form noch 1 oder 2 mal passiert.
Und wenn ich da hinten mal durchkomme, bleibt immer noch die Gerade, auf der ich Störungen habe und hier und da mal links Richtung Zaun oder rechts in Richtung Seenlandschaft abbiege. Die Innenseite der Gerade steht zu großen Teilen komplett unter Wasser. Aber zumindest dort komme ich in der Regel ohne fremde Hilfe wieder raus.

Wasser, nichts als Wasser... und mein Xray fährt und fährt :-)

Wasser, nichts als Wasser… und mein Xray fährt und fährt 🙂 *)

Das sind dann die Momente wo Mirco fast durchdreht weil er immer denkt, jetzt isses vorbei, jetzt säuft der Motor ab. Und es bleibt auch anderen in der Box nicht verborgen, was der Alex da oben veranstaltet. Und irgendwann sagt dann einer in der Box neben uns: „Also das ist echt unglaublich. Der Noll fährt in jede Pfütze rein! Und das Ding fährt einfach weiter!!“ Für mich der Satz dieses Rennens. Und es stimmt ja: Ein Wasserproblem hat der Xray absolut nicht. Da macht der Funk wesentlich mehr Probleme. Aber es scheint zu funktionieren.
Eigentlich ist das gesamte Rennen über Action in der Box. Ständig werden abgesoffene Autos von den Posten gebracht, die man in den Boxen hektisch wiederbelebt. Der erste, bei dem das nicht mehr klappt ist Rene Püpke. Wahrscheinlich Elektronikprobleme oder Servos. Weiß ich nicht 100pro.

Wasser, nichts als Wasser... und das Ding fährt immer noch :-) ... Mirco wird gleich wahnsinnig.

Wasser, nichts als Wasser… und das Ding fährt immer noch 🙂 … Mirco wird gleich wahnsinnig. *)

Wir haben da vergleichsweise recht wenig Arbeit. Die Funkstörungen versauen manchmal die Rundenzeiten, aber im großen und ganzen läuft alles konstant. Zwischendurch müssen wir sogar ganz normale Tankstopps machen. Die sieht man ansonsten recht selten in diesem Finale.
Alex liegt übrigens etwa seit Mitte des Rennens auf Platz 5, nach vorn geht aber gar nichts, die ersten vier fahren da schon in einer anderen Liga und haben offenbar auch top vorbereitete Fahrzeuge am Start.
Zweiter vorzeitiger Ausfall dann 3 Minuten vor Schluß Bernd Hasselbring.
Hinter Alex ist es aber nicht ungefährlich. Toni Gruber hat als Sechster eine knappe Runde Rückstand. Der kann Runden fahren die bis zu einer Sekunde schneller sind als Alex. Noch 2 Minuten… das sollte doch reichen für Platz 5. Man das wär schon ein Hammer…

Nein der wurde nicht nach dem Finale vergessen, wir sind so gefahren!! #67 Martin Schöffel

Nein der wurde nicht nach dem Finale vergessen, wir sind so gefahren!! #67 Martin Schöffel *)

So eine halbe Stunde bei diesem Wetter Rennen zu fahren ist schon ne harte Nummer. Was bin ich froh, daß die Stimme auf der Zeitnahme „Noch eine Minute“ sagt. Dann hör ich von unten etwas von „noch 3 Runden“. Tja und ich freu mich wohl zu früh drüber daß gleich Schluß ist, oder es war ein letztes Mal der Funk. Der Xray fliegt Mitte Gerade nochmal raus in den Zaun. Genau zwischen 2 Streckenposten. Die überlegen erst, wer von beiden losläuft. Dann macht es einer auch, stellt das Auto wieder hin, aber da ist der Toni Gruber da und fährt vorbei. Und den hol ich auch nicht mehr und der macht auch keinen Fehler mehr. Platz 5 ist damit weg. Kurz darauf ist Schluß. Auf dem Fahrerstand wird gejubelt und gratuliert. Daniel Thiele hat gewonnen und ist Deutscher Meister. Den hatte man vorher nirgendwo auf dem Zettel. Aber im Regen ist eben alles möglich. Aber die Freude ist natürlich dementsprechend. In meiner Box wird eingepackt und das Auto in die TA gebracht. Ich will grad vom Fahrerstand runter da steht der Bernd Hasselbring vor mir und gratuliert mir. Oh, denk ich, is na n netter Kerl… Aber zu was gratuliert der mir? Hä? Was redet der? Deutscher Meister 40+???

Kann nicht sein, oder? So standen wir an der Treppe des Fahrerstandes und schauten auf die Zeittafel, Hartmut ausgefallen, Bernd und Martin hinter mir, sonst kein 40+ Fahrer vor mir. Der Wahnsinn, ich bin Deutscher Meister 40+! Dieses Gefühl war für mich wie ein Schock, ein positiver, aber für mich nicht zu fassen. Ich bin durch das Fahrerlager gelaufen wie Falschgeld, meine Helfer Mirco & Burkhard haben gefragt was los sein, da stammelte ich nur “ ich bin Deutscher Meister “ das gleiche bei meiner Frau. Okay und dann ging es los, ich hatte Pipi in den Augen. Mensch da ist man in der Mitte der 40 angekommen und solche Emotionen lassen mich da einfach nicht kalt. Die Siegerehrung habe ich genossen, als mein Name aufgerufen wurde war ein Jubeln und Schreien im Zelt, ich denke mal es haben sich noch 2-3 andere mit mir gefreut.

Was für ein Moment für mich... Deutscher Meister 40+. Links freut sich Martin Schöffel mit... rechts Rennleiter Fraddy Dietrich

Was für ein Moment für mich… Deutscher Meister 40+.
Links freut sich Martin Schöffel mit… rechts Rennleiter Fredy Dietrich *)

All denen die mir Mut gemacht haben, die sich das ganze Jahr mit mir Rumschlagen und ärgern müssen, den ganzen Helfern der Vereine die Rennen austragen, den Händlern und meiner Familie möchte ich meinen Dank aussprechen, ohne Euch wäre das nie möglich. DANKE !!!!!

*) © Martin Mollet, mit freundlicher Genehmigung

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